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Traum in Worten

Da ist etwas. - Ein leises Kitzeln an der Nasenspitze. Träum ich noch? - Nein, das Kitzeln bleibt. Vorsichtig öffne ich meine Augen und bemerke den Sonnenstrahl, der direkt durch das Fenster auf mein Gesicht fällt. Wie spät wird es sein? Ich weiß es nicht, bin immer noch benommen von den letzten Stunden. Ganz weit entfernt hör ich einen Zug vorbeifahren, danach wird es still, ganz still.

Ich laß die Ruhe auf mich wirken, einfach herrlich. Grad so, als ob Gott die Zeit nur für mich angehalten hat.

Langsam wandern meine Augen durch das Zimmer, beobachten das Spiel der Farben im Licht der noch morgenmüden Sonne. Aber nicht lange, dann zieht es sie wie von Geisterhand zu einem ganz besonderen Punkt des Raumes. Es war kein Traum! Du bist noch da! Bist noch hier bei mir! Hast Dich nicht aufgelöst wie im Märchen! Nein, Du bist noch da. Liegst direkt hier neben mir. Du schläfst noch. Liegst auf dem Bauch, das Gesicht in Deinen Händen vergraben. Die ganze Welt um mich herum ist plötzlich weit entfernt, und ich seh nur noch Dich. Meine Augen folgen Deinen Haaren, die verspielt über Deine nackten Schultern fallen, die aber trotzdem so wunderbar glatt sind, daß mir eine Gänsehaut über den Rücken läuft. Immer wieder betrachte ich Dich, vergesse alles um mich herum, kann mich nicht sattsehen an Dir.

Fernab der Wirklichkeit lieg ich gedankenverloren da, bin Dir so nah, aber doch so weit weg von Dir. Der Finger meiner Hand berührt Deine Haare. Ganz leicht nur, ich möchte Dich nicht wecken und die Idylle dadurch zerstören. Vorsichtig wandert er auf Deinem Kopf hin und her. Und auch jetzt hab ich Angst davor, daß es nur ein Traum ist, daß mich im nächsten Moment ein klingelnder Wecker herausreißt. Aber es bleibt alles, wie es ist. Langsam, aber immer nur ganz leicht, wühlt sich mein Finger etwas tiefer, berührt Deinen Nacken. Und ich spür eine innere Spannung, die sich über diese schwache Verbindung von Deiner Haut über meine Hand bis in mein Herz aufbaut, die meinen Atem schneller gehen läßt. Ich sinniere darüber, wie sich Deine Haare dagegen sträuben, gegen den Strich gestreichelt zu werden, und wie sie im nächsten Moment doch wieder so anschmiegsam sind, wenn ich sie wie mit einem Kamm glattstreiche. - Es ist einfach ein wunderbares Gefühl. -

Etwas hat sich verändert. Du hast Dich nicht bewegt, aber mein siebter Sinn sagt mir, daß Du wach bist. Während meine Hand ganz sacht über Deine Schulter streicht, spür ich, daß Du das Gleiche fühlst wie ich. Ich kann es nicht beschreiben, es ist einfach nur da, es ist einfach schön. Ich schließe meine Augen, um alles noch intensiver erleben zu können, und wirklich fühl ich jedes einzelne Häärchen auf Deiner glatten Haut. Meine Gedanken fliegen davon, vergessen die Realität, mein ganzer Körper konzentriert sich auf diesen winzig kleinen Berührungspunkt zwischen Dir und mir. Unbewußt spür ich, wie Du Deinen Kopf zu mir drehst, während meine Hand langsam auf Deinem Rücken herumwandert.

Du schaust mich an, ich kann es fühlen, obwohl ich Dich nicht sehe. Geht es Dir genauso wie mir? Findest auch Du das alles so wunderbar schön? Ich möchte das ergründen. Vorsichtig öffne ich meine Augen und seh in Dein Gesicht. Ich spür ein ganz leichtes Lächeln um Deine Lippen. Spür, wie Dein Blick auf mir ruht. Ich versuche, in Deinen Augen zu lesen. Und in diesem Moment bin ich mir sicher, daß wir das Gleiche fühlen. Daß auch Du die Geborgenheit empfindest, daß Du mir nah sein möchtest.

Unsere Blicke treffen sich, ich spür plötzlich das Verlangen, Dich viel intensiver festzuhalten, aber Deine Augen bitten mich, unser Glück noch weiter auszuleben. Und während wir uns mit den Augen verschlingen, wahren wir weiter unsere räumliche Distanz, zwingen wir uns zur Zurückhaltung, geben wir unseren Köpfen Zeit, eine immer größere Spannung aufzubauen.

Langsam und vorsichtig schiebt sich Dein kalter Fuß zwischen meine Beine. Und wieder kosten wir die Berührung aus, dringt Dein Blick dabei bis tief in meinen Kopf und läßt mein Herz schneller schlagen.

Eine ganze Weile genießen wir die Schönheit des Augenblickes, liegen nebeneinander, genießen den Kribbel, die Haut des anderen zu spüren, und gleichzeitig die Qual, auch jetzt noch so weit entfernt zu sein. Ich muß Dich betrachten, und es wird mir bewußt, wie schön Du doch bist. Verträumt schau ich mir die Züge Deines Gesichtes an, ohne daß ich es merke, beginnt mein Finger, diese nachzuzeichnen. Langsam fährt er über Deine Wange, berührt Deine Nase, wandert an Dein Ohr, umreißt Deine Lippen. Immer wieder. So, als ob er Dein Gesicht für die Ewigkeit festhalten möchte.

Und immer stärker wird mein Verlangen nach Dir. Ich seh nur noch Dich, will nur für Dich da sein, will nur Dir gehören, will nur mit Dir glücklich sein. Wie von selbst, wie im Trance kommen wir uns näher, spür ich Deine Hand auf meiner Schulter, meinem Rücken, drück ich Dich fest an mich, laß mich an Dich heranziehen. Alles Trennende zwischen uns verschwindet, unsere Körper berühren sich, ohne daß wir uns dagegen wehren.

Ist es nicht seltsam, was unsere Sehnsucht nach Geborgenheit, unsere Sehnsucht nach Liebe an uns bewirkt? Ist es nicht so wenig, was uns um soviel glücklicher macht? Nehmen wir uns noch die Zeit, unsere Gefühle wirklich auszuleben? Oder packen wir auch sie in unseren dichten Terminplan? Sind sie nicht etwas anderes? Etwas viel Schöneres? Etwas Menschlicheres?...

Immer noch liegen wir engumschlungen da. Geben unserem Kopf Zeit, alle Reize zu verarbeiten. Ich merke, wie sich Dein Körper an meinen schmiegt, laß meinen Gedanken freien Lauf. Ich spür, wie sich Deine Brüste heben und senken, während der Luftzug Deines Atems an meinem Nacken entlangstreicht. Ganz still liegen wir, lauschen den natürlichen Bewegungen unserer Körper, vergessen die Wirklichkeit, leben nur noch für uns, für den Augenblick. Die Zeit verschwindet aus unserem Bewußtsein, läßt uns allein miteinander. Wie von selbst finden sich irgendwann unsere Lippen, saugen sich aneinander, wollen nicht mehr loslassen. Und zusammen lassen wir die Erde hinter uns, heben ab zu einem Sternenflug, den wir nie vergessen werden...

März 2001 by Söhnchen

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